Restauration der Motoren



Röhrengeräte arbeiten mit Hochspannung und sind potentiell Lebensgefährlich. Arbeiten an Röhrengeräten setzen entsprechende Fachkenntnisse voraus. Ohne entsprechende Sicherheits- und Fachkenntnisse setzen Sie bitte die hier beschriebenen Maßnahmen NICHT um. Für gesundheitliche Folgen bei nicht sachgerechtem Umgang mit elektrischen Strom übernehme ich keine Haftung! Alle Informationen ohne Gewähr!


Auszug aus dem Schaltplan


F36_Motor

Bei den Spannungen N1/N2 handelt es sich um 220V, also Netzspannung! Besonders gefährlich ist R23, das ist der große Widerstand der auf einer Pertinaxplatte an der linken Gehäuseseite einzeln zu finden ist. Auch auf Ebene g und h des Tastenblocks gibt es Netzspannung - dort entstört mittels RC Kombinationen mit 0,1uF, verschaltet auf die Lötleiste unterhalb des Tastenblocks. Sollten Sie dort bei sich sog. Teerkondensatoren finden (meist aus einer dunkelbraunen bis schwarzen Masse) müssen diese unbedingt getauscht werden. Dieser Teil des Schaltplans unterscheidet sich deutlich von der G36, welche ihre Zugkräfte für kleine Spulen reduzieren kann.

Rechts zu sehen ist der große Capstanmotor mit sechs Anschlussleitungen, verschaltet am Bandgeschwindigkeitsschalter S5 links vorne am Gerät. Mit den Bandgeschwindigkeiten wird dort auf einer anderen Ebene auch die entsprechende Ver- bzw. Entzerrung umgeschaltet. Links ist dann der linke abwickelnde Wickelmotor zu finden und in der Mitte unten der rechte aufwickelnde Motor.

Wenn ich zurückspule, dann drücke ich auf Rücklauf, verbinde h1 mit h2 im Tastenblock und der linke Motor bekommt 220V und macht dann das volle Rücklaufprogramm. Wie im vorherigen Teil bereits gesehen bremst dann die Bremse, der rechte Motor macht aber nichts. Beim schnellen Vorlauf ist es genau andersherum. Die Taste für Vorlauf (h3 auf h4) verbindet den rechten Motor mit 220V und der linke macht nichts. Im Ergebnis gibt es rekordverdächtige Umspulzeiten, welche eher wenig bandschonend sind.

Das Interessante an dieser Schaltung ist die Mittelachse mit den drei hintereinandergeschalteten Tasten. Die h-Ebene bedeutet gedrückt, g bedeutet Nicht-Gedrückt. Wenn also nicht schnell gespult und Play gedrückt ist, dann bekommt der Wickelmotor rechts eine reduzierte Spannung zum Aufwickeln des Bandes und der linke Wickelmotor bekommt die Spannung welche über den Widerstand R23 abfällt, diese sollte ausreichen um das Band stramm zu halten. Wenn es technische Probleme am Schalterblock gibt betrifft es am ehesten die normale Wiedergabe, da gleich drei Tastenelemente dort verschaltet sind.


Die Motorkondensatoren




F36_4_NewMoKon
Neue Motorkondensatoren

Jeder von den drei Motoren hat einen Kondensator der ihm die richtige Richtung vorgibt. Für die Wickelmotoren sitzen diese mit einer großen Mutter am oberen Chassis festgeschraubt in der Nähe des jeweiligen Motors. Der für den Capstanmotor sitzt neben dem vom linken Wickelmotor. Wenn man die Schrauben oben löst kann man sie zur Seite herausziehen.

Diese Kondensatoren sind im original "Mepa" Metallpapierkondensatoren, dummerweise mit hygroskopischen Eigenschaften, was im Laufe der zeit zu Ausfällen führen kann. Bei einem 60 Jahre alten Gerät gehören sie getauscht, optimalerweise gegen MKP Typen. Diese sind i.d.R. kleiner.

Die originalen Kondensatoren haben drei Anschlüsse, wobei der Anschluss 3 nicht mit einer Kapaziät belegt ist, sondern als eine Art Lötstützpunkt dient. Hier habe ich mich mit Schrumpfschlauch über einer freien Lötstelle beholfen, denn die modernen Typen haben nur zwei Anschlüsse wie auch im Schaltplan gezeichnet. Die Kapazität darf nicht verändert werden, also ist sie gleich große Werte zu ersetzen.

V70: Capstanmotorkondensator (links auf dem Chassis sitzend) 2uF
1 und 2 auf den neuen Kondensator umlöten (gelbe und rote Leitung)
3 ist hier nicht belegt

C71: rechter Wickelmotor Kondensator 3uF
1 = Wickelmotor gelb - keine Leitung aus der Maschine
2 = Wickelmotor grün - Maschine grün
3 = Wickelmotor braun - Maschine schwarz (vt); hier keine Kapazität

C72: linker Wickelmotor Kondensator 3uF
1 = Wickelmotor gelb - Maschine drei gelbe Leitungen (Verschaltung Spannung N1)
2 = Wickelmotor grün - keine Leitung aus der Maschine
3 = Wickelmotor braun - Maschine braun (vt); hier keine Kapazität

Vorsicht ist geboten da die Farbe gelb und braun der Motoren schwer optisch zu unterscheiden ist (evtl. altersbedingt). Daher ist eine genaue Markierung vor dem Ablöten empfehlenswert. Es bietet sich an die beiden linken Kondensatoren zu tauschen wenn auch die Elkos des Netzteils getauscht werden.

F36_4_NewAndOldKon
Nur und Alt nebeneinander


Die Wickelmotoren


Hierfür werden benötigt: Sinterlageröl (Original Typ Esso "Terasso 43"), je ein Kugellager vom Typ 608 (z.B. SKF), je ein Sicherungsring M8 und Werkzeug zum An- und Abnehmen von Sicherungsringen (z.B. Knipex Sicherungsringzange A0)

Die Wickelmotoren vom Typ Pabst Außenläufer sind mit je vier Schrauben an der oberen Chassisplatte festgeschraubt. Bevor diese sichtbar werden muß mittels seitlicher Schraube der entsprechende Bandteller abgenommen werden. Sind die Wickelmotoren losgeschraubt kann man sie neben der Maschine auf eine kleine Unterlage stellen ohne das gleich die Leitungen abgelötet werden müssen.

F36_4_WickelmotorOut
Abgeschraubter Wickelmotor neben der Maschine mit der oberen Abdeckplatte, Sicherungsring, darunter das Kugellager

F36_4_WickelmotorOhneKugellager
Hier ist das alte Kugellager entfernt worden

Die beiden Abdecklungen und der Sicherungsring sind abzunehmen, dann kann das alte Kugellager nach oben luxiert und rausgenommen werden. Anschliessend kann das ganze Wicklungspacket aus dem Außenläufer nach oben gezogen und sozusagen aus dem Magneten genommen werden.

F36_4_WickelmotorBecher

F36_4_WickelmotorInsideView

Der Ölspeicherfilz des Sinterlagers ist zu sehen wenn man in die Achse des Wickelpacketes schaut. Dort so viel Sinterlageröl hineingeben bis der Eindruck entsteht es ist aufgesättigt. Ich habe je 1ml hineingegeben. Dann Achse wieder einstecken und das neue Kugellager aufsetzen, dann der neue Sicherungsring, die beiden Abdeckscheiben und ein Metallteil. Zum Einbringen des Öls kann eine 2ml Spritze sinnvoll sein.

F36_4_WickelmotorNewKugellager
Neues Kugellager ist aufgesetzt

F36_4_Sicherheitsring
Das Ab- und Aufbringen des Sicherheitsringes erfordert Spezialwerkzeug

Beim Wiedereinbauen des Motors kann man sich Arbeit sparen, wenn man zunächst zwei längere Schrauben zur Hilfe nimmt um den Motor unter dem Chassis zu fixieren und anheben zu können, dann die kleinen Schrauben wieder reindrehen - fertig.

Und die Motoren drehen sich nach diesem Eingriff deutlich leiser als vorher.

F36_4_AlteKugellager
Die alten Kugellager


Der Capstanmotor


Um den Capstanmotor aus dem Gerät zu bekommen muß zunächst die Mechanik der Andruckrolle nach lösen von zwei kleinen Gewindeschrauben links vom Capstanmotor auf der Unterseite des Chassis, nach oben aus dem Gerät herausgenommen werden. Gleichzeitig wird der Elektromagnet, welcher die Andruckrolle anzieht links im Gerät für die Reinigung zugänglich.

Damit der Motor mit Capstan aus dem Gerät genommen werden kann muß die obere Deckplatte des Chassis nach oben gelupft werden. Im Vorfeld sollte sichergestellt sein, das hier genug Raum ist und ggf. Leitungen abzulöten sind etc. In meinem Fall konnte ich durch Abschrauben des rechts sitzenden Aufnahmeschalters S6 genug Spielraum schaffen. Analog zur Geschwindigkeitsumschaltung S5 links sitzt dieser Schalter rechts oben am Chassis festgeschraubt und wird mit zwei Drucktasten über eine Umlenkmechanik betätigt. Die Zuleitung des Capstanmotors sitzt oben in einer Halterung des Chassis aus der sie gelöst werden muß.

Dann werden die vier Schrauben gelöst welche den Capstanmotor festhalten und der Capstanmotor aus dem Gerät nach vorne entnommen. Wichtig ist, das die Capstanwelle selbst auf gar keinen Fall Schläge abbekommt oder sonst wie äußere Kräfte erfährt.

F36_4_CapstanmotorOut

Der Capstan samt Schwungrad ist oben auf den Motor aufgeschraubt, der mechanische Kontakt läuft über metallene Knöpfe welche in ein gezacktes Gummirad fassen, welches sich unter der Schwungmasse befinden. Diese Verbindung lässt sich leicht von unten lösen. Der Capstanteil wird also abgenommen, so das der eigentliche Motor mit der aufgesetzten Gummischeibe übrig bleibt.

F36_4_CapstanGummi
Dieses Gummirad verbindet den Motor mit der Capstanwelle über eine Knopfartige Verbindung (Löcher oben- und unten)

F36_4_CapstanmotorOhneCapstan

Dieses Gummiteil ist nicht leicht zu entfernen, etwas Öl und ein Heißluftgebläse haben mir wertvolle Hilfe geleistet. Vorher ist natürlich noch die kleine Gewindeschraube M3 mittels 2mm Innensechskantschlüssel zu entfernen. Mein 2mm Innensechskantbit wird nie wieder von der Originalschraube zu trennen sein, bevor man das macht sollte man also entsprechenden Ersatz zur Hand haben.

Das Kugellager befindet sich zwischen der Glocke und dem Bügel, welcher U-förmig den Motor umgibt. Auf die Kugel muß man besonders Acht geben, wenn man den Bügel abschraubt. Anschliessend kann das Wickelpacket der Glocke entnommen werden und der dortige Filz analog zu den Wickelmotoren mit Sinterlageröl getränkt werden. Ich habe 2,5ml hineingegeben. Das Kugellager unten habe ich gereinigt und neu mit Molybdänfett geschmiert.

F36_4_CapstanBuegelKugel
Die kleine Kugel liegt in der Mitte des braunen Filzes

Da der Motor mit Gummipuffern mit dem Capstanteil verschraubt ist fehlt dem Motor die Erdung über das Gehäuse der Maschine. Bei mir hing ein abgerissener gelber Draht in der Luft welcher von einer Schraube des Kugellager-Bügels ausging. Die Erdung habe ich durch einen neuen längeren Draht wieder hergestellt.


Die Capstanwelle selbst



In der Serviceanleitung steht sinngemäß, die Capstanwelle ist lebenslang geschmiert, und wen sie doch kaputt ist (10000h Lebensspanne sind angegeben), dann wird sie durch eine neue getauscht.... Das geht natürlich nicht nach 60 Jahren.

Oben auf dem Capstan läuft die Capstanwelle durch eine Art halbdurchsichtige Kunststoffkappe. Hierunter würde ich einen mit Öl getränkten Filz erwarten, der durch ein kleines Loch in der Oberseite der Kappe aufgefüllt werden kann - er kennt die Serviceanleitung nicht. Mein Versuch dort Öl hineinzugeben (mit med. Nadel und Spritze) ist gescheitert, es ist gleich alles wieder oben herausgelaufen. Das fand ich seltsam da ja alle anderen Ölreseren meiner Maschine völlig trocken waren.

Jedenfalls die Kappe kann man auch abnehmen. Darunter eine Art Glibbermasse, teilweise mit grüner Farbe und kein Filz. Ich konnte es nicht einordnen. Mittlerweile habe ich herausgefunden das es wohl Original so ist und das Depotfett eben eine feste Konsistenz hat. Aber Grüne Farbe? Und warum hat es sich nicht wie alle anderen Fette und Öle der Maschine verbraucht?

F36_4_CapstanOhneKappe

F36_4_CapstanGlibbermasse
Die Glibbermasse vom Capstan auf Q-Tipps

Meine Lösung: Passender Filzring und bewährtes Sinterlageröl für Capstanantriebe Isoflex PDP 65. Vom reinen Laufgeräusch her hat der Capstan es positiv aufgenommen. Alles was jetzt noch vom Capstanmotor zu hören ist gleicht eher einem 50Hz Trafobrummen als das Rotationsgeräusche hörbar wären wie vor dem Eingriff.

F36_4_CapstanNewFilz
Neu aufgesetzter Filzring

F36_4_CapstanKappe
Mit Öl und Kappe



Messung des Gleichlaufes unmittelbar nach der Ölung der Motoren:




Bildschirmfoto 2023-07-09 um 14.04.48
ReVox gab die Gleichlaufschwankungen mit +/- 0,1% bei 19,05cm/s an, Messung erfolgte bei 19,05cm/s

Der Gleichlauf hat sich im im Laufe der Zeit noch deutlich verbessert, die Gleichlaufschwankungen liegen mittlerweile unter 0,1% bei 19,05cm/s, nach vielleicht 5 Stunden Betrieb bei den weiteren Justagearbeiten. Da ich aufgrund von Messungen und Justage auch einmal versucht habe die Maschine stehend zu betreiben kann ich sagen das die Gleichlaufschwankungen dann stark erhöht sind, so das die Maschine sich meßtechnisch insgesamt nicht mehr so verhält wie sie soll.


Teil 1 : Einleitung
Teil 2 : Das Netzteil
Teil 3 : Magnete und Tastenblock
Teil 4 : Die Motoren
Teil 5 : Die Audioverstärker
Teil 6 : Umbau auf NAB
Teil 7 : Justieren und Messungen
Teil 8 : Der Koffer und Fazit
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